„Wieso ist es nur so schwer, die Dinge loszulassen, die uns zur Gewohnheit geworden sind?“, fragt Henni nachdenklich.
Ulla schaut sie an und spürt dem Klang der Frage nach, die keine einfache Kaffee-und-Kuchen-Frage ist und bei Kaffee und Kuchen beantwortet werden kann. Ulla trinkt einen großen Schluck Kaffee und kaut an einem ebenso großen Stück Kuchen, bevor sie zu antworten versucht.„Es gibt einen Grund, wieso wir uns an den Dingen und Menschen festhalten.“
„Auch, wenn sie uns nicht (mehr) gut tun?“
„Ich befürchte auch dann. Doch ich glaube daran, dass eine Zeit kommt, in der das Festhalten nicht mehr notwendig ist.“
Henni fragt sich, ob diese Zeit auch für Ulla und ihren Sohn kommen wird, den sie nicht mehr sieht, seitdem sie ihm gesagt hat, dass er kein Geld mehr von ihr bekommt.
Das an Menschen festhalten, ist nichts Kleines wie Abnehmen, sich mehr bewegen oder mit dem Süßigkeiten aufhören. Auch wenn es Menschen gibt, die andere mit ihrem einzig wahren Körper-Weltbild ungefragt missionieren wollen.
Das mit den Menschen ist für Henni nicht selten etwas Großes, Dunkles und an manchen Tagen auch sehr bedrohliches. Es mutiert für Momente zu etwas, das sie zu überwältigen droht, weil sie darin unterzugehen droht.
„Ich wäre froh, wenn ich langsam mal ein wenig von dieser Zeit spüren würde!“, sagt Henni und beseitigt ihren Kuchenteller von jedem noch so kleinen Krümel und jeder noch so kleinen Erinnerung an Uwe, der doch schon mehr als fünf Jahre nicht mehr bei ihr ist.
Ulla nickt und denkt an ihren Sohn. Schweigend sitzen sich die beiden Frauen am Küchentisch gegenüber.
„Ulla, wir suchen uns einen schönen Platz, an dem wir auf die Zeit warten, die dann noch kommt, damit wir sie nicht verpassen!“, sagt Henni plötzlich mit Nachdruck.
„Und das tun wir ab sofort auf meiner Klön- und Lesebank!“
Ulla lacht und nickt. Seit diesem Tag sieht man die beiden immer öfter schwatzend und lachend auf der Bank sitzen.
„Wenn andere auf Godot warten, warten wir eben auf die Zeit, die dann mal für uns schlägt!“, entgegnet Henni denen, die sich wundern und nachfragen.
Ich mag Henni und Ulla und ihr Warten auf die Zeit. Ich hätte gern auch etwas davon.
Hallo Birgit,
ja, ich glaube, die Zeit hätten wir alle gerne.
Liebe Grüße
Sabine und Henni und Ulla. 🙂