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Henni hat sich ausgesperrt

Eine neue Geschichte und eine Audio-Datei von Henni. Und, wer kennt das nicht, sich schon einmal ausgesperrt zu haben?!

„Wir werden morgen früh und zu Weihnachten noch hier vor der Tür sitzen!“, schimpft Henni mit sich. Sie sitzt vor ihrer Haustür auf der obersten Stufe in der Mittagssonne. Sie hat sich ausgesperrt. Nicht, dass hinter der Haustür und Zuhause jemand auf sie warten würde, der sie dann einfach reinlassen könnte und es nicht schön war in der Sonne zu sitzen, aber der Ärger über die eigene Vergesslichkeit ist einfach zu groß!
„Wir haben den Schlüssel stecken lassen, wir haben uns nicht daran erinnert, wir werden alt!“, schimpft sie weiter vor sich hin. Die schwere Einkaufstasche steht neben ihr.

„Waltraud, geht doch mal langsam, ich komme nicht hinterher!“ Die Stimme gehört zu Mechthild, eine der beiden bösen Stiefschwestern von Schneewittchen, denen sie mal den Namen verpasst hat. Sie sind neugierig und reden über alles und jeden und das mit einer Stimme, die einem Zahnschmerzen macht. Als Henni diese quäkige Stimme die Straße hinaufkommen hört, verzieht sie das Gesicht und macht sie sich auf der Treppe ganz klein, aber das nützt nichts.

„Guck mal Mechthild, die Frau Nachbarin, sitzt da in der Sonne und lässt den Tag einen guten Mann sein.“, ruft Waltraud.

„Ja, wenn wird dafür doch auch mal Zeit hätten!“, antwortet Mechthild.

„Zum Glück haben Sie die ja nicht und unser Tag ist bestimmt kein Mann, wir brauchen schon zwei!“, lächelt Henni freundlich und wünscht sich spontan schwerhörig oder auch taub zu sein. Diese hohen quäkigen Stimmen verursachen Zahnschmerzen. So würde sie auch ihren Zahnarzt anlächeln, aber der hatte ein angenehme, tiefe Stimme, der sie vertrauen konnte.

Diesen Stimmen nicht, die waren sauer und gemein wie Zitronen.

„Na, dann noch einen schönen Tag, Frau Nachbarin!“, quäkt Mechthild und Waltraud schaut sie nur schweigend und missbilligend an. Dieser Blick erinnert sie an ihre Oma. Die konnte auch immer so gucken, dass sie immer ein schlechtes Gewissen hatte, egal, ob sie etwas angestellt hatte oder nicht.

„Wir mögen ihren Oma-Blick nicht!“, sagt Henni, „bitte gehen Sie schnell weiter, damit die Sonne wieder scheinen kann!“

„hast du das gehört, Waltraud, das hat man nun davon, wenn man freundlich ist!“, schnaubt Mechthild und Henni schließt die Augen und hält sich die Ohren zu.

Als sie die Augen wieder aufschlägt, sind die beiden bösen Stiefschwestern endlich weg.

„Henni, alles in Ordnung?“ Eine tiefe, angenehme Stimme nähert sich ihr ganz behutsam. Kein Quäken und auch keine Boshaftigkeit im Klang zu hören und zu spüren.

„Hallo Peter!“, sagt Henni erleichtert. „Sind die beiden bösen Stiefschwestern weg?“

Er lacht laut. „Du meinst die beiden Zombieschwestern, huaaa, ja, die sind weg. Ich habe sie nochmal kurz erschreckt und nur ‚Buh‘ gemacht hat funktioniert.“ Er setzt sich neben Henni auf die Treppe.

„Du darfst dir ihre Worte nie zu Herzen nehmen, die kennen dich nicht, die sind voll auf Zitrone!“ Er verzieht sein Gesicht und Henni muss lachen.

„Wir haben uns ausgesperrt!“, sagt sie.

„Kein Problem, ich bring dich wieder rein.“ Es dauert nicht lange und Peter hat die Haustür und dann auch die Wohnungstür aufbekommen.

„Erzähl das aber bitte niemandem, auch nicht Ulla und auf gar keinen Fall meiner Mutter!“ Er grinst verlegen.

„Ganz lieben Dank, natürlich nicht. Möchtest du eine Tafel Schokolade?“, fragt Henni und holt ihre einzige Tafel aus dem Schrank.

Peter haut sich auf seinen kleinen Bauch. „Auf gar keinen Fall, liebe Henni, das ist Ehrensache, das mache ich so für dich, du warst Uwes Freundin, fertig, o.k.! Ich muss wieder!“

Henni schaut ihm nach und setzt sich mit ihren Einkäufen und der Tafel Schokolade an den Küchentisch. „Als hätte wir ihre Wörter mit in die Wohnung gebracht!“, ruft Henni, geht zum Fenster und öffnet es ganz weit. „Wir sind nicht eure Wörter!“, ruft sie ganz laut über die Straße.

Danach geht es ihr besser und sie macht sich einen Kaffee zu einem Riegel Schokolade.

 

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