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Henni und der bunte Sessel

„Ulla, wir mussten uns schon wieder trennen!“, rief Henni schon von der Haustür hinauf in den 2. Stock, in die geöffnete Wohnungstür von Ulla.

Ulla schüttelte mit dem Kopf, ließ die Tür einfach offenstehen und ging schon mal vor in die Küche. Ob Henni klar war, dass die anderen, selbst sie eingeschlossen, manchmal nicht wissen, ob sie nun wirklich eine zweite Person meinte oder doch nur wieder von sich in der 2. Person sprach? Ulla stellte schon einmal eine zweite Tasse auf den Tisch. Gleich würde sie es wissen.
„Ulla, wir mussten dabei zusehen, wie er weggebracht wurde!“ Henni kam in die Küche, stemmte die Arme in die Hüften und atmete schwer.

„Alles klar, Henni?“, fragte Ulla.

„Wir müssen noch tief Luft holen! Die Stufen sind so viele und wir machen uns Sorgen um ihn?“ Henni setzte sich seufzend auf den zweiten Küchenstuhl.

„Nun sag schon, von wem hast du dich getrennt und um wen machst du dir Sorgen?“ Ulla goss ihr eine Tasse Kaffee ein.

Henni schnupperte an dem Kaffee, schloss kurz die Augen und begann zu reden. „Es ist der kleine, bunte Sessel, den wir bestellt haben, der war dann doch zu klein, aber so toll bunt und doch noch immer zu klein und Ella fand ihn auch toll und doch war er zu teuer für eine Eule und dann haben wir ihn wieder eingepackt, nach unten gebracht und dann passierte es …“ Henni trank einen großen Schluck. Ulla tat es ihr nach und wartete auf die Fortsetzung der Geschichte. Sie konnte sich das Lachen kaum verbeißen.

„Und dann hat ihn dieser Hermes-Typ, der besser einen anderen Job machen würde, vielleicht einen, der ihm ein wenig Spaß machte, einmal fallen gelassen und dann auch noch aus dem Haus die Treppe runter gewürfelt. Das geht doch gar nicht, oder?“ Henni schaute sie entrüstet an.

„Und?“, fragte Ulla, die sich bei Hennis Erzählung ganz mitgewürfelt vorkam.

„Wir wurden getrennt und jetzt ist er weg und nur ein leerer Platz bleibt zurück!“ Henni hatte wirklich Tränen in den Augen.

„Hast du ein Foto gemacht?“, fragte Ulla.

„Ja, das haben wir!“, antwortete Henni.

„Dann schick es mir und ich stecke es in einen Rahmen und du hängst es über den leeren Platz und er macht fortan jeden grauen Tag etwas bunter!“ Ulla strahlte über ihre eigene Idee.

„Du meinst …?“ Ullas Idee begann sich in Hennis Kopf auszutoben und als es dafür in ihrem Kopf keinen Platz mehr gab, weil es wieder aus ihren Ohren herauskam und sie laut lachen ließ.

„Ja, genau das machen wir!“ Henni schickte das Foto sofort per whatsapp an Ulla, die es mit dem alten Drucker direkt mit ihrem Tablett ausdruckte und in den alten Rahmen steckte.

Seitdem hängt das Foto des bunten Sessels über dem leeren Platz und macht jeden Tag ein wenig weniger grau und bunter.

 

 

 

 

1 Kommentare

  1. Liebe Sabine und Henni,
    mit der amüsanten Geschichte habe ich jetzt auch etwas Buntes im Grau der letzten Regentage. Vielen Dank für die Farben und die fröhliche Melancholie.
    Liebe Grüße Birgit

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