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Henni und die Sache mit den Büchern und den geschriebenen Wörtern

Henni schaute sehr vorsichtig hinter die nur angelehnte Wohnungstür unterm Dach. Der Wohnungsschlüssel mit dem Bücherturm hing unbeachtet und noch außen im Schloss. Wenn ihre Erfinderin derart aufgedreht zwei Stufen auf einmal nahm und auch noch pfeifend – sie pfiff noch schräger als sie selbst! – ihre schwere Reisetasche nur in die Ecke stellte und achtlos stehen ließ, wusste sie, dass es wieder einmal so weit war.

„Du wirst es nicht glauben, aber …!“, sagte sie dann immer und Henni schaute sie jedes Mal an und glaubte es schon längst, bevor sie den Satz nach dem „Aber“ sagte, was sie noch nicht gesagt hatte. Und dann musste Henni immer lachen, obwohl sie auch ein wenig Angst vor den nächsten Worten hatte. Sie hatte es nicht so mit den Worten und noch weniger mit denen, die in Büchern standen.
Ihre Erfinderin war da völlig anders. Die konnte nicht genug von diesen Büchern bekommen. Meine Güte, wo sollten die denn noch in dieser kleinen Miniwohnung stehen?

„… ich musste diese Bücher mitnehmen und ein paar …!“ Sie schaute ein wenig verlegen auf die vollen Regale und kleinen Bücherstapel überall, „… habe ich direkt in der Buchhandlung bestellt!“

Henni seufzte. Jetzt würde sie tagelang wieder mit ganz viel Kaffee und vermutlich die halbe Nacht hindurch in diesen Buchseiten verschwinden und sie ihr auch noch vorlesen und begeistert davon erzählen.

„Mmh!“, sagte Henni wenig begeistert. Sie mochte es ja, wenn ihr vorgelesen wurde und sie zuhören konnte, aber immer noch hatte sie auch noch Angst vor diesen aufgeschriebenen Wörtern, deren Buchstaben bei ihr immer anders aussahen und klangen als bei allen anderen.

„Und für dich habe ich auch ein Buch mitgebracht; das habe ich gerade echt in der Bahnhofsbuchhandlung entdeckt!“, sagte sie und reichte ihr ein Buch mit einem Tiger darauf, der sich nach ihnen umdrehte.

„Für uns?“, fragte Henni und sah voller Angst auf die vor ihren Augen tanzenden Buchstaben auf dem Cover,. „Ich bin doch kein Kind mehr!“, beschwerte sie sich weiter, auch wenn sie zugeben musste, dass ihr die Farben des Buches gefielen. Und es roch so gut. Sie schnupperte ganz leicht, nur ganz eben mal.

„Nein, bist du nicht. Na und?“

Henni schaute sie etwas genervt an. Jetzt ging es wieder mit ihr durch. Henni wusste nur zu genau, welche Wörter jetzt ausgesprochen werden würden. So sagte sie es gleich lieber selbst: „Und deshalb sollte jeder Erwachsene mehr Bilderbücher lesen!“ Henni konnte die Stimme sehr ähnlich wie die ihrer Erfinderin klingen lassen.

Ihre Erfinderin lachte laut. „Ja, und weil du geschriebene Worte nicht so sehr magst, gibt es die in dem Buch auch nicht. Schau mal nach!“ Ihre Erfinderin ging mit den Worten in die Küche und ließ sie da mit dem Buch stehen.

Natürlich war Henni jetzt neugierig geworden. Ein Buch ohne Worte? Sie öffnete das Buch und legte es erst wieder weg, als sie sich die letzte Seite angeschaut hatte.

 

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