Das letzte Türchen öffnet heute Henni selbst. Und weil heute der Heilige Abend ist und, weil es das letzte Türchen ist, wird es vielleicht erst bei Anbruch der Dunkelheit geöffnet oder vermutlich doch schon früher, weil Henni es nicht abwarten und erwarten kann …
Wir bedanken uns bei allen, die diesen Blogadventkalender auch in diesem Jahr möglich gemacht haben.
V O N H E R Z E N D A N K E !!! Wir wünschen dir und euch erholsame und schöne Weihnachtstage mit euren Herzensmenschen.
Das 23. Türchen von gestern (in kursiv):
… aber Julius schüttelte den Kopf. „Vergiss es, Henni macht am Ende sowieso, was sie will. Du kennst ihren Sturkopf nicht, mit dem ist sie auf die Welt gekommen.“
Henni bekam davon nichts mehr mit. Sie war schnurstracks zur Tür raus, die Treppe hinunter und quer durch die Altstadt. Sie machte viel zu große Schritte, die Gummistiefel beschwerten sich stumm, ihr Herz dagegen klopfte laut und schnell. Henni blieb stehen. „Wir müssen uns beruhigen“, keuchte sie. Einzig dem Ferkel ging es offensichtlich prima, es war eingeschlafen. Henni betrachtete es. „Moritz, was machen wir bloß mit dir?“, flüsterte sie, „der Bauer ist zwar nett, aber er hat so viele große Schweine, die mögen dich vielleicht nicht. Am besten wäre es, wenn Julius und Jana dich mit zurücknähmen zu deiner Familie. Ich könnt dich ja …“ Und dann war es mal wieder soweit. In Hennis Hirn zündeten ein paar Gedankenraketen, flogen kreuz und quer, feuerten Blitze, ließen ein paar Fantasieböller krachen und endeten schließlich in einem geringelten Glitzerregen. Henni lachte. Leise. Sie wechselte die Straßenseite und bog an der nächsten Ecke links ab. Nach wenigen Metern stand sie vor der alten Galerie, im Schaufenster hing seit Wochen ihr Lieblingsbild, ein altes Ölgemälde mit …
Das 24. und letzte Türchen:
… einem noch viel älteren vergoldeten Rahmen, der ein wenig im Licht der Straßenlaterne schimmerte. „Das Bild gefällt Ulla doch auch so gut, vielleicht gibt er es ja heute her; du bist jetzt meine Verstärkung auf vier Pfoten!“. Henni lachte Moritz an und betrat die Galerie.
„Mensch Ulla, da passiert uns doch das ganze Jahr fast nix und dann meint ein einziger Tag, das alles auf einen Schlag nachholen zu müssen!“
Henni und Ulla saßen zwei Tage später am Heiligen Abend zusammen am festlich gedeckten Küchentisch bei Ulla. Vor ihnen ein kleines Raclette für zwei Personen und drumherum ganz viele Leckereien für die Pfännchen.
„Ja, jetzt hast du Moritz und wieder einen Bruder mit Frau!“, lachte Ulla und erhob ihr Glas mit ihrem Spezial-Punsch. „Auf uns, die bleiben und auf die, die wollen und es doch nie schaffen!“
„Ja, auf uns und auf deinen Sohn und meinen Bruder!“, lachte Henni. Henni und Ulla hatten beschlossen, egal wer noch einmal einfach in ihr Leben platzen würde, der sollte sich hinten anstellen. Den Heiligen Abend feierten die beiden Freundinnen alleine und daran würden auch ein Ferkel, ein Bruder und ein Sohn nichts ändern.
Ulla seufzte. „Ja, genau!“ Sie nahm einen großen Schluck, aber sie war nicht mehr so traurig wie letztes Jahr, als sie noch für ihn mitgedeckt hatte. Dieses Jahr fehlte sein Gedeck.
„Und auf Lars!“, kicherte Henni und Ulla wurde rot. Denn natürlich hatte Henni Ulla mit zum Essen zu Lars mitgenommen. Und der hatte dieses Mal auch seinen Freund Ben mit zur Unterstützung geholt. Und dann hatte Ulla den Lars total nett gefunden und Henni den Ben. Der arbeitete auf dem Bauernhof, würde sich auf jeden Fall gut um Moritz kümmern und Henni konnte ihn, wann immer sie wollte, besuchen.
Die Sache mit Moritz war geritzt, die mit Julius und Jana auch irgendwie. Natürlich waren sie ein wenig beleidigt, dass sie nicht den Heiligen Abend mit ihnen verbringen wollte. Sie einigten sich auf den 1. Weihnachtsfeiertag.
„Dann schaffst du es vielleicht zum zweiten Weihnachtstag!“, lachte Henni und es war ein gutes Lachen, denn sie freute sich auch, dass Julius wieder da war.
„Wir haben ein Geschenk für dich!“, sagte Henni jetzt zu Ulla. „Wir können nicht mehr warten!“
Sie sprang auf, rannte in den Flur und kam mit einem großen, quadratischen, in „Stadtspiegel-Papier“ verpacktem Päckchen zurück.
„Aber, du …“ Ulla wusste nicht, was sie sagen sollte.
„Pack aus, dann verstehst du!“ Henni strahlte sie an und Ulla öffnete das Paket, ganz behutsam, als könnte sie nicht nur das Papier, sondern auch seinen Inhalt beschädigen.
Henni zappelte hin und her, doch Ulla wurde dadurch nicht schneller.
„Ulla, du bist die langsamste Paket-Auspackerin der ganzen Welt!“
Als Ulla endlich erkannte, was da in dem Paket war, hielt sie sich die Hand vor den Mund.
„H-e-n-n-i!“ Das war alles, was sie sagen konnte. Über ihre Wangen liefen dicke Tränen.
„Wie?“
„Konrad hat Moritz und mir das Ölgemälde gegeben!“
„Aber, er wollte es doch nie verkaufen!“
„Doch, als er Moritz gesehen hat, war es um ihn geschehen!“ lachte Henni. „Wir sollen dich auch schön grüßen.“ Jetzt wurde Ulla wieder rot, aber so richtig lange dunkelrot, denn der Konrad, der Besitzer der Galerie, der war ihre ganz große Liebe vor dem Totalausfall, dem Vater ihres Sohnes.
„Ach Henni, das ist das schönste Weihnachten, das ich jemals hatte!“, sagte sie und ihre Tränen kullerten schon wieder die Wangen hinunter, aber sie lachte dabei.
„Sollen wir es gleich aufhängen?“, fragte Henni.
„Am Heiligen Abend?“, fragte Ulla etwas erschreckt.
„Natürlich, wann denn sonst?“, sagte Henni. „Den Hammer habe ich mitgebracht und die Nägel auch!“
Und dann suchten die beiden Freundinnen einen schönen Platz in Ullas Wohnung und standen danach andächtig mit Punsch vor ihrem Werk. Henni dachte an Moritz und Julius und Jana und auch ein wenig an Ben. Und Ulla dachte vermutlich an Konrad und nur ein bißchen an Robert.
So sollte es sein, dachte Henni und stieß mit Ulla an.
„Frohe Weihnachten!“, sagte Ulla
„Frohe Weihnachten!“, antwortete Henni.
Und wer wissen möchte, was für ein Ölgemälde jetzt bei Ulla über dem Sofa hängt, der findet es hinter diesem Link. Und die neue, alte Geschichte mit Ulla und Konrad, das ist ein andere und wird im nächsten Jahr erzählt.
Und hier findet ihr die ganze Geschichte als Pdf-Datei.
Wunderbar, liebe Sabine! Ein Hoch auf die Freundschaft, die Überraschungen in unserem Leben und die Liebe, die uns Schmetterlinge in den Bauch zaubert und uns erröten lässt!!
Danke dafür und nun kannst du dich zurücklehnen und Weihnachten feiern.. das jedenfalls wünsche ich dir!
Alles Liebe
Hedda
Witzig und auch berührend. Dein Adventkalender ist jedes Jahr die schrägste Advent Geschichte, die es gibt. Danke fürs mitschreiben lassen! … Und frohe Weihnachten 🙂 Sonja
Ein wunderbares und berührendes Ende, liebe Sabine 😀🤩.
Es ist jedes Jahr so schön, Teil dieses besonderen Adventskalenders sein zu können.
Frohe Festtage und viele Grüße bis zum neuen Jahr, Anneliese
Ein vielfacher Hinsicht bemerkenswert gelungener Schluß, der es schafft eine Geschichte an der so viele unterschiedliche Menschen, mit ebenso vielen unterschiedlichen Intentionen mitgeschrieben haben, zu einem Ende zu bringen, das eigentlich allen Mitschreibern und Mitschreiberinnen gefallen könnte, ist doch für alle und jeden etwas dabei ohne anbiedernd, profillos zu sein. Gleichzeitig, liebe Sabine, zeigt es deine besondere Qualität, Menschen zusammenzubringen und die unterschiedlichsten Strömungen schreibend zu verknüpfen. Mir hat das Ende gefallen, besonders das hinter dem Link versteckte Schmankerl als überdimensionale, brillentragende „Schweinerei“. Herzliche, schweinische, unbekannte Grüße an alle Mitschreibenden.
Lieber Jürgen,
ich danke dir. Das Schwein mit Brille als Ölgemälde ist cool, oder ?!!! Als ich das Bild gefunden hatte, war sofort klar, wo der Anfang vom Ende der Blogadventkalender-Geschichte enden wird…😉
Liebe Grüße,
Sabine.