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Henni und das tragbare, gelbe Radio

„Wir können einfach nichts mehr hören!“

Henni stand vor dem kleinen Schrank neben dem Küchentisch und schaute entsetzt auf ihr kleines, tragbares gelbes Radio. Ja gut, es war alt und sie bekam nur noch zwei Sender, aber mehr als WDR2 und WDR 5 hörte sie ja auch nicht. Es war auch schon zweimal heruntergefallen auf den Boden und hatte zwei üble Macken, die sie mit Gaffer-Tape wieder geklebt hatte und wenn Henni die Keksdose links und rechts den Kerzenständer hinstellte, dann waren beide Macken wunderbar versteckt.

„1, 2, 3, wir kommen, du blöde sture Radio-Tonne!“, rappte Henni leise vor sich hin und drückte zum wiederholten Mal und dann immer bei Drei auf den Ein-Schalter. Doch der blieb stur und rappte kein bisschen mit.

Das Radio war jetzt also ganz verstummt. Kein Knistern. Keine Stimmen und keine Musik. Nicht einmal der kleine grüne Knopf, der sonst immer geleuchtet hatte, leuchtete.

Henni seufzte und wählte Ullas Nummer. Ulla hatte immer eine gute Idee, wenn in Hennis Kopf längst zu viele Blöd-Gedanken ihr Unwesen trieben und auch das Rappen nicht mehr half.

„Ulla, unser Radio ist von uns gegangen!“ Henni hatte das bei einer Beerdigung im Fernsehen gehört und gesehen und fand es klang nicht so endgültig, eher so, als würde der Mensch gleich wieder um die Ecke kommen. Natürlich wusste Henni nicht erst seit Uwe, dass das nicht so einfach ging. Nicht bei Menschen und eben auch nicht bei alten Radios.

„Henni, komm heute Nachmittag um drei mit deinem Radio zu mir. Ich weiß, wo wir es hinbringen können.“ Mehr verriet Ulla nicht und Henni stand deshalb vor lauter Aufregung mit dem Radio schon eine halbe Stunde später vor Ullas Wohnungstür. Ulla hatte wohl genau damit gerechnet und war schon fertig angezogen und hatte selbst einen Stoffbeutel mit kitschigen Blumen drauf in der Hand.

Henni sagte zu Ullas hässlichem Beutel lieber nichts, weil Ulla ihr ja mit dem Radio helfen wollte.

„Wohin gehen wir denn“, fragte sie zappelig und neugierig.

„Na, ins KaputtChino, da gibt es Kaffee und Kuchen und im besten Fall jemanden, der dein Radio und meinen Toaster wieder reparieren kann.“ Ulla hielt ihren Blumenbeutel hoch.

„Oja, dann gibt es bald wieder mit Musik belegte frische, nach Nutella duftende Toasts.“ Henni strahlte sie an.

Und tatsächlich, Helmut und Rainer machten sich sofort an das Radio und den Toaster und die beiden Frauen tranken einen Kaffee und aßen ein frisches Stück selbstgemachten Apfelkuchen.

„Es ist toll, wenn kaputt noch lange nicht kaputt ist und weggeschmissen wird!“, bedankte sich Henni bei den beiden und lud sie zu einer Currywurst mit Pommes Mayo ein, weil die beiden es nicht so mit dem Süßkram hatten.

Glücklich stellte sie am frühen Abend ihr Radio auf den kleinen Schrank zwischen Keksdose und Kerzenständer und drückte den Ein-Schalter. Sofort erklang Musik aus dem Radio und Henni tanzte ausgelassen durch die Küche.

2 Kommentare

  1. Annemarie+Winckler sagt

    Liebe Henni,
    ich glaube, Du bist eine Wunderheilerin. Ich habe schon länger ein Radio mit CD-Player, das zwar noch Musik spielt, aber nur noch als Radio und nicht von der CD. Es gibt bei uns im Stadtteil auch so ein Repaircafé, das hatte aber wegen Corona schon seit über einem Jahr zu. Deine Geschichte hat mich dazu gebracht, mal wieder nachzuschauen, ob sie nicht wieder aufmachen. Und tatsächlich: Am Dienstag ist es soweit. Ich wollte mich schon online anmelden, hab aber gedacht, ich probier es noch mal mit einer CD. Du wirst es nicht glauben, aber plötzlich funktioniert es wieder. Ich danke Dir für Deinen magischen Geschichteneinfluß auf mein Radio.
    Liebe Grüße
    Anne

  2. Sabine sagt

    Liebe Anne,

    wow, wir sind eine Wunderheilerin und eine aus-der-Ferne-CD-Player-Repariererin.
    Das wusste ich noch gar nicht, das erzähle ich gleich morgen der Ulla, die hat auch noch so ein Ding, vielleicht läuft das morgen dann auch wieder, wenn ich sage, wer ich bin …

    Liebe Grüße,
    Henni.

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