Inselschreiben
Kommentare 2

Henni auf der Insel

„Wir sehen gut aus mit ihnen, oder?“, stellte Henni fest und sah an sich hinunter. Ihre Füße steckten in knallroten Gummistiefeln mit weißen Punkten. Die Flut schwappte mit den kleinen Wellen, die an Land gespült wurden, jedes Mal über die weißen Punkte in rot hinweg und sie versank immer ein bisschen mehr im nassen Sand.

Sie trug ihren knallgelben Ostfriesennerz, hatte die Kapuze auf und schaute wieder nach vorne in den Nebel.
„Ich weiß, dass du da bist!“, rief sie laut, doch das Meer antwortete nicht. Es hatte sich in einer undurchdringlichen Nebelsuppe verkrochen. „Da bin ich das erste Mal in meinem Leben auf einer Insel und du versteckst dich vor mir?“

„Mit wem reden Sie da?“, fragte eine Stimme hinter ihr.

„Mit dem Meer, wenn es denn da ist!“, antwortete Henni.

„Es antwortet, aber seine Antworten sind nicht immer gut zu verstehen!“, erklärte die Stimme, jetzt neben ihr.

„Woher wissen Sie das?“, fragte Henni und drehte sich zur Seite und schaute in zwei graue Augen unter einer blauen Mütze und über einem dichten schwarzen Bart. „Sie sehen aus wie Captain Blaubär!“

Er kicherte. „Ja, das habe ich schon öfter gehört. Aber zu Ihrer Frage, woher ich das weiß. Ich lebe schon mein ganzes Leben hier auf der Insel und kann daher seine Antworten ganz gut hören und verstehen!“

„Und eine solche Nebelsuppe, haben Sie die auch schon mal erlebt?“, fragte Henni und stapfte mit beiden Stiefeln in die kleine Pfütze vor ihr.

„Ja, die kommt öfter vorbei und hilft den Blick aufs Wesentliche zu richten, wenn du nur eine Handbreit weit schauen kannst!“ Er hob die Hand und es sah aus, als würde er etwas in der Nebelsuppe sehen und berühren können

Henni schaute auf seine Hand und hielt ihre Hand dicht an seiner. „Ja, ich kann es spüren.“

„So können wir alles dahinter loslassen und uns versöhnen!“, sagte er und hielt die Hand weiter unverändert hoch.

„Es wird ein großer Stern in meinen Schoß fallen …“, flüsterte Henni und nahm ihre Hand hinunter.

Ihre Stimme klang nach und es sah aus, als hätten die geflüsterten Worte ein klitzekleines Loch in die Nebelsuppe gesprochen.

„Gibt es hier einen Ort, an dem ich mich mit einer ordentlichen Suppe aufwärmen kann?“, fragte sie.

Er nahm seine Hand hinunter. „Den gibt es. Kommen Sie, ich zeige es Ihnen. Ich bin übrigens Fedderik.“, sagte Fedderik und hielt ihr seine Hand hin.

„Ich bin Henni.“, sagte Henni und reichte ihm ihre.

„Coole Gummistiefel übrigens!“, bemerkte Fedderik und schmunzelte.

„Na ja, Punkte sind allemal besser als langweilig, oder?“, lachte Henni.

Die Nebelsuppe zog sich zurück, sie hatte ihre Arbeit für heute getan.

2 Kommentare

  1. Liebe Sabine,
    es ist zauberhaft, eine Fortsetzung von Henni zu lesen, die wir in der Adventsgeschichte kennenlernen durften.
    Ich mag die Figur. Du ahnst bestimmt, warum.
    Henni, Fredderik und dir ein gutes kreatives neues Jahr 2020.
    Liebe Grüße Birgit

    • Sabine sagt

      Liebe Birgit,

      ja, Henni ist mir auch sehr ans Herz gewachsen und daher wird sie in diesem Jahr eine eigene und größere Geschichte bekommen; das finde ich sehr angemessen,
      liebe Grüße,
      Sabine

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert