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Henni und das Glück, das auf der Straße liegt – Teil 1

Hier könnt ihr/können Sie den aktuellen Text als Hördatei (MP3-Format) genießen.

„Das Glück liegt auf der Straße, hat er gesagt und silberfarbenes Glitzerpapier aufgehoben!“, sagt Henni atemlos, nachdem sie die Treppenstufen zu Ullas Wohnung hochgekeucht ist, sich auf das bequeme Sofa hat fallen lassen und wieder Luft bekommt. „Wieso ist das Glück ein hässliches Stück Kaugummipapier?“, fragt Henni weiter.
„Das sagt man doch nur so!“, antwortet Ulla und verdreht lachend die Augen.
„Das haben wir gesehen, das mit deinen Augen und wir haben den „Man“ gehört, da ist er wieder.“ Henni steht von der Couch auf und setzt sich an den gedeckten Kaffeetisch ans Fenster.

„Dann ist ja alles, was auf der Straße liegt, ein Stück vom Glück!“, überlegt Henni laut und schaut gedankenversunken aus dem Fenster auf die Straße. „Da, der dicke Kater Bruno liegt alle Vier von sich gestreckt auf der Straße in der Herbstsonne! Also, ist der dicke Kater Bruno ein dickes Stück Glück auf vier Pfoten!“

Ulla schenkt ihnen beiden frisch aufgebrühten Kaffee ein. „Zumindest für Herrn Schrott, zu dem gehört der dicke Kater nämlich!“

Henni lässt wie gewohnt drei Stück Zucker über den Löffelstil in den Kaffee hineinrutschen, verrührt ihn und schüttet dann noch Milch hinterher. Nach dem ersten Schluck Kaffee schaut sie wieder aus dem Fenster „Da, der Typ mit Pferdeschwanz und viel zu kurzer Hose lässt die leere Ketchup-Flasche und die halbleergefutterte Pommes-Schale einfach auf der Straße stehen.“ Henni springt auf.

„Das ist kein Glück, das ist unverschämt!“, schimpft Ulla und öffnet das Fenster zur Straße.

„Junger Mann, die Straße ist keine große Mülltonne!“ Der junge Mann, der so tut, als hätte er Ulla nicht gehört, geht seelenruhig weiter.

Henni hätte die ganze Ketchup-Situation ignorieren können, aber dann wäre sie nicht Henni. Sie greift nach dem erstbesten Gegenstand auf der Fensterbank und wirft es dem Pferdeschwanz hinterher. „WEGRÄUMEN! Das Glück braucht Platz!“

Der Pferdeschwanz, nicht von Henni getroffen, – der Gegenstand saust haarscharf an ihm vorbei -, zuckt zusammen, dreht sich herum und sammelt hastig seinen Müll ein und stopft ihn hastig in die Mülltonne. Sein Blick sucht dabei die Fenster der Straße ab.  

„HENNI?“, schreit jetzt Ulla so laut, dass Henni am Fenster zusammenzuckt. „Was um Gottes Willen hast du denn da auf die Straße geworfen?“

„Na, diese hässliche Stoffpuppe!“, sagt Henni leise.

„WAS?“ Ullas Stimme überschlägt sich und wird dunkelrot. „Hol die sofort wieder. Das ist ein Geschenk von Paul!“ Ullas Stimme wird immer dunkelroter und Henni unter ihrer Stimme immer kleiner.

„Tschuldigung, wir holen sie sofort wieder hoch!“ Henni stapft so schnell sie in ihren Gummistiefeln kann die Treppe hinunter und auf die Straße. Neben dem Vorderreifen des grauen Mercedes liegt sie.

Henni wischt sie mit ihrem T-Shirt sauber und klopft den Staub ab. Zum Glück ist sie heil geblieben. „Komm, wir müssen dich schnell zurück zu Ulla bringen, weil du doch jetzt ihr Glück bist, nachdem du auf der Straße gelegen hast!“ Henni läuft zurück und überlegt, ob das Glück auch so hässlich wie die Puppe sein kann. Sie will das aber Ulla lieber gerade nicht fragen, denn ihr Gesicht ist immer noch rot und ihr Blick macht Henni schon wieder ganz winzig und ganz ohne Worte.

„Ihr ist nichts passiert!“, sagt Henni und reicht ihr die Puppe, die ihr Ulla fast aus der Hand reißt. Sie wird geputzt und geputzt und als auch nach ganz viel Putzen die Hässlichkeit nicht weggeht, kommt die Puppe wieder zwischen die Topfpflanzen auf der Fensterbank.

„Tschuldigung, wir wollten deinem Glück nichts tun, wir haben es doch jetzt auf der Straße gefunden“ Hennis Stimme ist immer leiser geworden.

Jetzt muss Ulla lachen. „Na, so hast du mein Glück nochmal auf der Straße gefunden.“ Damit meint sie wohl, dass auch der Paul, der ihr die geschenkt hat, ihr Glück ist, aber den hat sie nicht auf der Straße gefunden, der hat geklingelt.

Es klingelt. Henni erschrickt, weil sie das gerade gedacht hat. Henni schaut Ulla an. Ulla schaut Henni an. Es klingelt nochmal. Ulla schaut Henni an. Henni schaut Ulla an. Nach dem fünften Klingeln geht Ulla zur Tür ….

Wer da klingelt und wie es weitergeht, das wird heute noch nicht, aber bal d in Teil 2 hier auf dem Blog verraten!

5 Kommentare

  1. Das ist ja richtig spannend.
    Und ich werde jetzt auch mal aufmerksam den Gehweg nach dem Glück absuchen. Danke, Sabine.❣️Welch ein Glück, das du so schreiben kannst.

    • Sabine sagt

      Liebe Ursula,
      ja, der Text ist gestern im Online- Schreibcafe entstanden. Immer wieder inspirierend und gut.
      Liebe Grüße,
      Sabine und Henni.

  2. Immer wieder schön, dich lesen zu hören, liebe Sabine. Damit machst du den Text rund 😉 … passend zu den weißen Punkten auf Hennis Gummistiefeln.
    Liebe Grüße von weitweg und durch das Schreiben doch nah
    Sonja

    • Sabine sagt

      Liebe Sonja,
      genau, so tricksen wir die Entfernungen einfach online mit *Summ* aus … 😉
      Dir und euch noch eine schöne Zeit auf der Insel,
      Sabine und Henni.

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